Papierklavier von Elisabeth Steinkellner [Rezension]

Gerade habe ich dieses Buch gesnackt: „Papierklavier“ von Elisabeth Steinkellner. Ein Jugendbuch, das schon einige Preise abräumte. Einen Preis jedoch nicht. Das ist eine unverständliche Geschichte, die dem Buch immerhin mehr Bekanntheit verschaffte. Dazu gleich mehr.

Falls ihr Teenager beschenken möchtet, ist dieses Buch perfekt. Eine positive (aber nicht geschönte) Coming-of-Age-Geschichte in der Form eines fiktionalen Tagebuchs. Wunderschön illustriert von Anna Gusella.

Inhalt

Maia ist 16 und hat’s nicht leicht: sie lebt mit ihren beiden kleinen Schwestern und ihrer alleinerziehenden Mutter in einer Zwei-Zimmerwohnung. Gerade trauern sie um ihre geliebte Zieh-Oma.

Maias Mama ist immer sehr müde. Denn sie arbeitet viel, um über die Runden zu kommen. Auch Maia jobbt nach der Arbeit in einem Saftladen, um ihrer Familie zu helfen und sich selbst manchmal eine Kleinigkeit zu gönnen. Das ist aber nur selten der Fall, denn nun schiebt sie sogar extra Schichten, um ihrer talentierten Schwester Klavierunterricht zu ermöglichen. Trotz großer Herausforderungen hat sie eine liebevolle Familie. Maia wünscht sich nur, dass ihre Mutter weniger arbeiten müsste und mehr Zeit für die Familie hätte. Zeit haben Maias beste Freund:innen Alex und Carla, auf die sie sich verlassen kann. Zusammen geht’s auf Partys, lachen, lieben, das Leben feiern.

Maia vertraut sich ihrem Tagebuch an. Sie schreibt und zeichnet über schöne und traurige Erlebnisse, ihre Zweifel und klugen Alltags-Analysen. Wir lesen also ein illustriertes Tagebuch und verfolgen die Geschichte in der Ich-Perspektive.

Maia ist eine liebenswerte und selbstbewusste Romanheldin. Sie ist eine gute Freundin, eine fürsorgliche Schwester und eine verantwortungsbewusste Tochter – und sie kann richtig gut zeichnen. Sie hat dennoch ihre Selbstzweifel und kämpft manchmal mit den Kilos. Im eigenen Körper fühlt sie sich noch etwas unwohl und fremd – dieses Gefühl eines Teenagers ist sicherlich ein zeitloses Thema und unabhängig von Maßen und Normen. Maia entdeckt ihre Talente und Stärken. Sie ist kreativ und witzig – darauf ist sie stolz. Im Laufe der Zeit wächst in ihr der Wunsch Grafikerin zu werden. Und vielleicht verliebt sie sich zum ersten Mal.

Im Alltag begegnet Maia vielen Vorurteilen. Sei es selbst als übergewichtige Frau oder aufgrund von Armut. Ihre Familie wird stigmatisiert, denn Mitmenschen verurteilen ihre alleinerziehende Mutter, da jede Tochter einen anderen Vater hat. Niemand fragt, nach der Geschichte der Familie. Ihre transsexuelle Freundin Carla erlebt häufg Diskriminierung. Doch sie alle lassen sich nicht unterkriegen und holen sich selbstbewusst, was sie sich vom Leben wünschen.

Illustrationen

Das Buch hat mich nicht nur mit der einfühlsamen Geschichte überzeugt, sondern auch mit den zweifarbigen Illustrationen. Bild und Text sind miteinander verwoben. Meist illustriert die Grafik den Text, doch manchmal ergänzt der Text wiederum das Bild. Beides ist perfekt aufeinander abgestimmt. Ich frage mich, gab es zuerst den Text? Oder wurde Bild und Text parallel kreiert? Die Gestaltungsform vermittelt den Eindruck eines richtigen Tagebuchs. Auf der Website der Illustratorin gibt’s einen Blick ins Buch.

Preise

Das Jugendbuch hat 2020/21 verschiedene Preise abgeräumt (Preis-Liste auf der Verlags-Website). Von einer Fachjury wurde das Buch für den Katholischen Kinder- und Jugendbuch-Preis 2021 vorgeschlagen. Die Bischöfe lehnten die Nomierung ab. Die Jury blieb allerdings bei ihrer Wahl. Daher wurde der Preis im letzten Jahr nicht verliehen. Begründung des Ständigen Rates: Das Buch entspräche nicht den Kritieren des Preises. Eine genauere Erklärung wurde nicht abgegeben. Man kann nur spekulieren. Es folgte neben öffentlicher Kritik auch ein offener Brief von 222 Kinderbuch-Autoren und -Illustratoren. Das Buch bildet die Lebensrealität junger Erwachsener ab: Tod, Armut, Sex und queere Lebensentwürfe. Die Eminzenen fanden’s nicht preisverdächtig. Aber viele Käufer:innen lesenswert! Inzwischen ist die 5. Auflage erhältlich.

Fazit

Die Geschichte ist viel zu schnell gelesen. Sie ist dicht erzählt und darin steckt eine große thematische Bandbreite. Die Charaktere sind klug und selbstbewusst. Ich lese darin Liebe, Freundschaft, Loyalität, Zuversicht und Mut. Auch den unschönen Seiten des Lebens Romane mit selbstwirksamer Botschaft zu widmen, finde ich sehr wichtig. Als Geschenk für Jugendliche ab 15 Jahre geeignet. Mein Fazit: Unbedingt lesen – auch Erwachsene!

Infos zum Buch

  • Titel: Papierklavier
  • Autorin: Elisabeth Steinkellner
  • Illustratorin: Anna Gusella
  • 140 Seiten
  • Verlag: Beltz
  • 5. deutsche Auflage: 2021
  • Hardcover: 14,95 Euro
  • ISBN: 978-3-407-75579-7

Hier geht’s zur Leseprobe!

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4 Kommentare

  1. Hallo Wiebke,
    tolle Rezension!
    Ich kann nicht verstehen warum die katholische Kirche gegen den Preis ist!
    Gerade christliche Werte sind so wichtig und
    so eine Familie kämpft jeden Tag ums überleben!
    Das macht mich betroffen und wütend zugleich.
    Danke für deinen tollen Blog!
    LG Carmen

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